Was nimmt sich die Ampelkoalition zur Bekämpfung von Armut vor?

You are currently viewing Was nimmt sich die Ampelkoalition zur Bekämpfung von Armut vor?

Die Ampelkoalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag vieles vorgenommen für die nächsten vier Jahre. Auch zur Bekämpfung von Armut will die neue Koalition vorangehen. In mehreren Kapiteln finden sich Maßnahmen, die denjenigen Menschen zugutekommen sollen, die in Deutschland in Armut leben. Darunter fällt hierzulande, wer 60% oder weniger des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Das sind in einem Einpersonenhaushalt etwas mehr als 1000 Euro netto im Monat.

Arbeit und Sozialstaat

Im Bereich Arbeit und Sozialstaat plant die neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP gleich mehrere Maßnahmen. Auf Seite 66 des Koalitionsvertrages heißt es: “Wir setzen uns für einen Sozialstaat ein, der die Bürgerinnen und Bürger absichert, aber auch dabei unterstützt, neue Chancen im Leben zu ergreifen”. Konkret heißt das: Der Mindestlohn soll auf 12 Euro erhöht werden. Damit hebt sich auch die Minijobgrenze auf 520 Euro monatlich an. Kritische Stimmen befürchten, dass besser bezahlte Minijobs umso mehr reguläre Arbeitsplätze vom Markt verdrängen. Es ist also umstritten, ob die Anhebung der Minijobgrenze tatsächlich ein Weg aus der Armut bedeutet. Problematisch sei auch, dass Minijobber*innen weder in ihre Rente einzahlen können noch Anspruch auf Krankengeld haben, so Piel vom Deutschen Gewerkschaftsbund in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung.

Der Sozialstaat soll deutlich vereinfacht und entbürokratisiert werden. Viele Leistungen sollen bald auch online beantragbar sein. Die viel umstrittene Grundsicherung für Arbeitslose SGB II (Hartz IV) wird durch ein einheitliches Bürgergeld ersetzt, welches mehrere Leistungen in einer zusammenfasst. Außerdem soll beim Bürgergeld in den ersten zwei Jahren kein Vermögen mit einberechnet werden. Dies bedeutet für Menschen, die gerade ihre Arbeit verloren haben, dass sie nicht sofort ihr gesamtes Vermögen offenlegen und auflösen müssen, sondern zwei Jahre Zeit haben, einen Weg aus der Arbeitslosigkeit zu finden und gleichzeitig noch Rücklagen zu haben. Die Angemessenheit der Wohnung wird beim Bürgergeld anerkannt. Es wird also berücksichtigt, wo die Person wohnt und wie viel Geld sie realistisch zum Wohnen und Heizen benötigt. Darüber hinaus sollen Zuverdienstmöglichkeiten neben dem Bürgergeld verbessert werden. Die gesetzliche Rente soll verstärkt werden, im Rentensystem wird es allerdings vorerst keine großen Änderungen geben.

Bildung

Im Bereich Bildung setzt die neue Regierung vor allem auf Chancengleichheit und Teilhabe. Für die Jüngsten sind mehr Kita-Plätze in Aussicht, eine Kindergrundsicherung ist geplant und das Ganztagesprogramm soll ausgebaut werden. Die Kindergrundsicherung fasst mehrere Sozialleistungen zusammen und beinhaltet neben einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag für jedes Kind einen gestaffelten Zusatzbetrag, welcher vor allem einkommensschwächeren Familien zugutekommt. Das Programm “Startchancen” soll Bildung für alle, unabhängig von dem sozialen Status der Eltern garantieren. Für Studierende lockt eine BAföG-Reform: Es wird elternunabhängiger, Freibeträge werden erhöht, Studienfachwechsel erleichtert und Altersgrenze und Bedarfssätze deutlich angehoben. Dies ist für Studierende auch dringend erforderlich, denn eine aktuelle Untersuchung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zeigt, dass etwa ein Drittel aller Studierenden mit ca. 800 Euro mittlerem Einkommen deutlich unterhalb der Armutsgrenze leben.

Bauen und Wohnen

Schlussendlich wird auch im Bereich Bauen und Wohnen einiges für Menschen in Armut geplant. Ziel sind 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, ein Viertel davon öffentlich geförderte Sozialwohnungen. Wie diese ambitionierten Baupläne bei innerhalb der nächsten Legislaturperiode umgesetzt werden sollen, lässt der Koalitionsvertrag offen. Die Opposition hält die Bauvorhaben der Regierung für unrealistisch. Es ist also unklar, ob die Ampelkoalition ihrem Versprechen für bezahlbaren Wohnraum überhaupt nachkommen kann. Mieterschutzregelungen sollen verbessert werden und verbindliche Mietspiegel sollen exorbitante Mieten im Griff behalten. Außerdem winkt ein Programm für junges und studentisches Wohnen. Auch hier ist nicht klar, wie realistisch es sich umsetzen lässt.

Die neue Bundesregierung nimmt sich also einiges zur Bekämpfung von Armut vor. Wie viel sich davon in den nächsten 4 Jahren umsetzen lässt und ob die Maßnahmen der Ampelkoalition tatsächlich gegen Armut wirken, wird sich noch zeigen!

Beitragsbild: Pixabay