Bedingungsloses Grundeinkommen – Eine Antwort auf Armut?

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Was ist das Bedingungslose Grundeinkommen überhaupt?

Obwohl Deutschland eines der reichsten Länder der Welt ist, müssen viele Menschen um ihre Existenz bangen und von zu niedrigen Sozialleistungen leben. Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist eine sozialpolitische Idee und setzt auf einen grundlegend alternativen Ansatz als unser jetziges, auf Leistung basiertes, Sozialsystem. Braucht man Unterstützung vom Staat um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, so muss man meist mit einem hohen bürokratischen Aufwand nachweisen, dass man es auch wirklich benötigt. Das Erhalten von Sozialleistungen ist zudem auch meistens an das Erbringen von Gegenleistungen gebunden. Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt steht dabei an erster Stelle.

Dieses System möchte das BGE, welches in jüngerer Zeit auch aufgrund der langanhaltenden Corona Pandemie wieder mehr in die Diskussion gekommen ist, von Grund auf neu denken. Ein BGE ist, wie der Name schon besagt, eine bedingungslose monatliche Zahlung durch den Staat. Es bedarf keiner Gegenleistungen oder einer Überprüfung der Einkommensverhältnisse. Besonders in Zeiten von Corona, wo immer mehr Menschen Existenzängste haben, wünschen sich immer mehr eine finanzielle Absicherung. Laut einer repräsentativen Studie von Rogator/exeo steigt die Zustimmung für ein BGE leicht an seit Beginn der Corona Pandemie, auf 55%. Obwohl ein BGE jedem zustehen würde, wollen wir uns in diesem Artikel auf den Einfluss, welcher ein BGE für in Armut lebende Menschen oder von Armut gefährdete Menschen haben würde.

Was spricht für ein BGE?

Eine wichtige Frage in diesem Thema ist, wieso sollten wir ein BGE überhaupt brauchen, wenn wir doch schon ein funktionierendes Sozialsystem haben? Ein Argument, welches in dieser Diskussion immer wieder hervorgebracht wird, ist, dass unser derzeitiges Sozialsystem nicht mehr ausreichend von Armut betroffene oder gefährdete Menschen unterstützt. Die Hürden um Sozialleistungen zu beantragen sind sehr hoch und bürokratisch aufwendig, die Beträge sind zu niedrig, wer nebenbei verdienen will bekommt Abzüge und viele weitere Punkte. Dies sind häufig genutzte Argumente gegen unser derzeitiges Sozialsystem, welche in der Diskussion genutzt werden. 

Die Armutsrisikoquote ist in den Jahren von 2006 – 2020 fast kontinuierlich von 14% auf 16% angestiegen. Besonders während der Covid-19-Pandemie haben viele Menschen erfahren, wie schnell Existenzängste durch das Verlieren des Arbeitsplatzes entstehen können. Ein BGE würde im Gegensatz zu unserem jetzigen Sozialsystem auch eine präventive Funktion im Bezug auf Armutsgefährdung haben, dadurch das es jedem zusteht. Es soll nämlich so hoch sein, dass es den Lebensunterhalt sichern kann und soziale Teilhabe ermöglicht. Zudem könnte das BGE auch die Folgen einer mögliche Massenarbeitslosigkeit infolge des industriellen Wandels auffangen.

Was spricht gegen ein BGE? 

Das große Problem mit dem BGE ist die Finanzierung. Eine monatliche Zahlung an jeden deutschen Bürger durch den Staat wäre im Bundeshaushalt schwer zu bezahlen. Ein Teil der Finanzierung würde durch die Abschaffung unserer jetzigen Sozialausgaben geschehen, welche jedoch nicht komplett eingespart werden könnten. Ein BGE würde den deutschen Staat jährlich über eine Billion Euro kosten. Im Jahre 2019 betrugen die gesamten Ausgaben für das deutsche Sozialsystem mit 1,04 Billionen Euro zwar auch knapp genau so viel, da jedoch nicht alles eingespart werden kann, müsste es weitere Finanzierungsmöglichkeiten geben. Es gibt verschiedene Ideen für die Ausgestaltung eines BGE, wie Beispielsweise über die Mehrwertsteuer. Jedoch wird häufig kritisiert dass, egal wie ein BGE ausgestaltet wird, es entweder nicht zum Leben reicht oder unfinanzierbar wird. Viele Kritiker sehen dadurch die Gefahr, dass Menschen, welche auf das jetzige Sozialsystem angewiesen sind, mit einem BGE nicht ausreichend unterstützt werden könnten.

Wem hilft das BGE überhaupt?

Gegen ein BGE spricht immer wieder, dass alle und somit auch diejenigen, die nicht bedürftig oder in Not sind, vom Staat einen Finanztransfer erhalten sollen. Auf dem ersten Blick scheint es merkwürdig zu sein, dass auch Gutverdienende und Vermögende in den Genuss staatlicher Unterstützung kommen sollen. Ebenso stört es einige, dass staatliche Hilfe nicht zielgenau nur an jene fließt, die der staatlichen Unterstützung brauchen, sondern sozusagen mit der Gießkanne über allen ausgeschüttet wird. Das BGE ist ein sehr zielgenaues sozialpolitisches Konzept. Alle, die Hilfe benötigen, werden auf jeden Fall unterstützt. Niemand soll ohne Hilfe bleiben, niemand soll unterhalb des Existenzminimums bleiben. Zwar bekommen auch Gutverdienende und Vermögende das BGE, jedoch “finanzieren” sie diesen Transfer durch die Bruttobesteuerung ihrer Einkommen. Es ist somit die große Illusion vieler Menschen, dass mit einem BGE-Modell die Masse der Deutschen keine Steuern mehr bezahlen, sondern nur noch von Transfers leben würde. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, denn genauso wie heute bliebe der überwiegende Teil der deutschen Wohnbevölkerung netto Steuerzahler. Das BGE ist nichts anderes als ein Steuerfreibetrag in Höhe des Existenzminimums – so wie ein Steuerfreibetrag bereits heute allen gewährt werden muss, unabhängig von Einkommen oder Vermögen.
Entscheidend bei der Beurteilung der Steuerlast ist nicht die Brutto Zahlung, sondern das Nettoergebnis. Da durch das BGE alle bereits über ein Existenzminimum verfügen, wird jedes zusätzlich erwirtschaftete Einkommen ab dem ersten Euro besteuert. Gutverdienende bleiben somit sehr wohl Netto-Steuerzahler. Zudem unterliegen sie – selbst bei einem für alle einheitlichen Steuersatz  – einer höheren prozentualen Steuerlast als Geringverdienende. Geringverdienende unterliegen einer geringeren bzw. – bei entsprechend niedrigem Einkommen – sogar einer negativen Steuerlast. Dies bedeutet, dass der Betrag des an sie ausgezahlten BGE höher ist als die zu zahlende Einkommensteuer. Im Nettoeffekt werden damit nicht alle gleich unterstützt, sondern nur soweit, wie es zur Sicherung des Existenzminimums notwendig ist. Zugleich lohnt sich mit einem BGE – im Gegensatz zu den heutigen Hartz-IV-Regelungen – auch für Geringverdiener jeder dazu verdiente Euro. Arbeit wird also in jedem Fall belohnt.

Fazit:

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass es schwer vorherzusagen ist, wie sich ein BGE auf unseren Staat und unsere Lebensweise auswirkt. Es gibt bisher noch nicht genügend relevante Studien darüber, was ein BGE für uns Menschen bedeutet. Zum Einen werden alle Menschen mit dem BGE versorgt, sowohl die gut verdienenden Menschen, als auch die ärmere Gesellschaft, was für uns bedeutet, dass in diesem Falle kein Unterschied zwischen den Gesellschaftsschichten gemacht wird. Es werden alle gleichermaßen behandelt. Gerade in den Zeiten der Covid-19-Pandemie, wo viele mit Existenzängsten leben mussten, würde ein BGE diese Ängste und Probleme verringern oder gar verhindern. Zudem könnte das BGE die Folgen eines industriellen Wandels auffangen. Die daraus arbeitslos gewordenen Menschen hätten somit eine Existenzsicherung.

Was jedoch stark gegen ein BGE spricht, ist die Finanzierung. Bis jetzt ist noch nicht genau geklärt, wie der Staat ein Grundeinkommen von geschätzt einer Billionen Euro pro Jahr finanzieren sollte. Es ist auch fraglich, ob ein BGE von Armut betroffenen Menschen mehr helfen würde als unsere jetzige Sozialleistungen. Bevor wir eine tiefgreifende gesellschaftliche Änderung, wie sie das BGE darstellen würde, vornehmen, könnte man auch daran arbeiten unser jetziges Sozialsystem zu verbessern. 

Video zum Thema: